Jungtaubenkrankheit

Informationen zur Impfung gegen Juntaubenkrankheit

Beitrag aus VDT-News-Letter 2/2022 von Dr. Martin Linde


Jungtaubenkrankheit - was ist das?

Bei der Jungtaubenkrankheit handelt es sich um eine Viruserkrankung. Tauben-Rotaviren Typ A wurden als Erreger identifiziert. Sie führen zu Infektionen der Leber, des Darmes und der Atemwege und zu einem Zusammenbruch des Immunsystems, sodass sich Begleiterreger wie Trichomonaden und Bakterien (oft Escherichia coli) exzessiv vermehren können und die Taube schädigen. Symptome sind: Milde Form: plötzliches Erkranken der Jungtauben mit Apathie, Einstellen der Futteraufnahme, Wasserkröpfen, Hochwürgen von Futter, schmieriger oft gelber oder grüner Kot. Schwere Form: zusätzlich Atemnot und akutes Versterben. Gibt es einen Impfstoff gegen diese Rotaviren? Seit Anfang des Jahres gibt es einen Kombinationsimpfstoff aus Paramyxovirose und Tauben-Rotaviren der slowakischen Firma Biogal mit einer deutschen Zulassung durch Dr. Hesse Tierpharma/Rhönfried.


Ist der Impfstoff verfügbar?

Der Impfstoff wird über die Wirtschaftsgenossenschaft Deutscher Tierärzte (WDT) an deutsche Tierärzte vertrieben und ist problemlos verfügbar. Wann und wie oft wird RP vacc geimpft? RP vacc wird Jungtauben ab dem 28. Lebenstag geimpft. Spätestens 3 Wochen vor dem erwarteten Kontakt mit Fremdtauben (Tierbesprechung, Ausstellung o.ä.) sollte die zweite Impfung erfolgt sein. Um einen ausreichenden Schutz bieten zu können, müssen die Jungtauben nach 21 nachgeimpft werden. Ein wirksamer und für die Ausstellungen zulässiger Schutz gegen Paramyxovirose ist bereits nach der ersten Impfung gegeben. Nicht aber gegen die Rotaviren. Alttiere können jährlich einmalig nachgeimpft werden. Es wird vermutet, dass sie so Antikörper bereits über das Ei an die Küken weitergeben.


Wie hoch sind die Kosten der Impfung?

Nach der derzeitigen Gebührenordnung für Tierärzte belaufen sich die Kosten auf ca. 1,20 € bis 3,00 € pro Tier und Impfung. Die Gebührenordnung für Tierärzte wird ab dem 22.11.2022 novelliert. Die entsprechende Preisanpassung können die Züchter dann bei ihrem Tierarzt erfragen.


Wie sind die Verträglichkeit und die Wirkung des Impfstoffes?

Der Impfstoff zeigt sich bisher als bestens verträglich. Sowohl bei intramuskulärer als auch bei subkutaner Applikation sind kaum Reizungen an der Injektionsstelle aufgetreten. Wenige Tauben zeigten nach der Impfung milde Symptome einer JTK, wie Erbrechen und leichte Apathie und verminderte Futteraufnahme. Bei versehentlicher Impfung in den Kropf oder in nervennahes Gewebe kann es zu Nebenwirkungen wie Kropfentzündungen und neurologischen Ausfällen kommen. Todesfälle nach der Impfung wurden bisher kaum gemeldet und traten immer bei bereits kranken Tauben auf. Der Impfschutz gegen die JTK nach zweimaliger Impfung ist sehr gut. Die meisten Züchter (Brief- und Rassetauben) meldeten ein vollkommenes Ausbleiben der JTK. Bei weniger als zwanzig Prozent der geimpften Bestände kam es nur zu einem milden Verlauf der JTK ohne oder mit geringsten Todesfällen. Die Impfung mit RP vacc ist ein wirksamer und verträglicher Schutz gegen die JTK. In gefährdeten Beständen ist eine Impfung sehr zu empfehlen.



Vortrag über Jungtaubenkrankheit

In der Monatsversammlung im März 2018 hatten wir die bekannte Tierärztin Frau Dr. Kny aus Leinefelde zu gast. Sie gab uns Auskunft über die Jungtaubenkrankheit. Das dieses Thema auf breites Interesse in der Züchtserschaft stößt, zeigte die vorzügliche Teilnahme von Vereinsmitgliedern aber auch mehrerer Gäste. So waren alle Sitzplätze des Saales besetzt.

Frau Dr. Kny berichtete uns, dass das Phänomen Jungtaubenkrankheit schon seit mehreren Jahren bekannt ist, so schlimm wie in der letzten Ausstellungssaison sei es jedoch bisher noch nicht gewesen. Sie betonte jedoch auch, dass nicht jede Taube, welche verstorben ist auch die Jungtaubenkrankheit hatte. So berichtete sie uns, dass der typische Verlauf vom Ausbruch der Krankheit bis zum Tod 6-7 Tage dauert. Daher kann es nicht sein, dass sich eine Taube, welche auf der Ausstellung verendet ist sich auf dieser Ausstellung mit dem Virus angesteckt hat. Entweder war sie bereits beim Einsetzten erkrankt oder ist an einer anderen Krankheit verstorben.

Gründe für den starken Ausbruch der Krankheit in diesem Jahr sieht Frau Dr. Kny vor allem darin, dass viele Züchter das Krankheitsbild offensichtlich nicht kennen oder zu lange warten ehe sie mit der Behandlung der Tauben beginnen. Uns wurde berichtet, dass durch die Jungtaubenkrankheit die Speiseröhre der infizierten Tauben zuschwillt. Die Schwellung ist nach 3-4 Tagen so stark, dass die Tiere kein Wasser und kein Futter mehr aufnehmen können. Das "Auskotzen" des Futters ist ein Anzeichen hierfür, da es der Taube nicht gelingt die aufgenommenen Körner zu schlucken. Viel schlimmer als die gehemmte Nahrungsaufnahme ist die fehlende Zufuhr mit Wasser. Das hat zur Folge, dass die erkrankte Taube nach 7 Tagen so stark ausgetrocknet ist, dass sie verstirbt. Bei Feststellung einer Erkrankung der Tauben an Jungtaubenkrankheit ist es daher besonders wichtig dass die Tauben Wasser aufnehmen. Sollten sie dies nicht von alleine können, muss der Züchter dies mittels einer Plastikkanüle nachholen. Hierzu sollten ca. 20 ml morgens und abends, nach möglichkeit mit Elektrolyten angereichertes Wasser verabreicht werden. 

Neben der gehemmten Nahrungs- und Wasseraufnahme ist hellgrüner Kot ein Anzeichen auf die Jungtaubenkrankheit. Frau Dr. Kny verdeutlichte aber, dass nicht jede Taube die grünen Kot absetzt zwingend an der Jungtaubenkrankheit erkrankt sein muss. Hier kommen auch andere Krankheitsbilder wie Hexamitenbefall, Paramyxovirose, Salmonellose oder Kokzidiose in Betracht. Sie berichtete uns weiter, dass beim Ausbruch der Jungtaubenkrankheit das Verdauungssystem der Taube gestört ist. Eine vorsorgliche Gabe von Antibiotika hilft nichts, da diese auch die gutartigen Kolibakterien im Darm abtöten und so das Immunsystem der Taube zusätzlich schwächen.  Ist die Taube an Jungtaubenkrankheit erkrankt, müssen besondere Ansprüche an das Futter gestellt werden. Zum einen sollte dieses klein sein um die verengte Speiseröhre passieren zu können. Zum anderen sollte sie angefeuchtet sein, um der Taube auch über das Futter Wasser zuzuführen. Besonders gut hierfür eignen sich Haferflocken und Reis, möglich ist auch die Gabe von Diätfutter. 

Frau Dr. Kny gab weiter an, dass die Züchter vorbeugende Maßnahmen treffen können. So sollten die Tiere vor der Beschickung der Ausstellung an den Käfig gewöhnt werden, indem sie 7 Tage vor der Ausstellung in einen Käfig gesetzt werden. Hier sollten sie mit Diatfutter und mit Elektrolyten angereichertem Wasser versorgt werden, auch die Gabe von Darmersatzbakterien auf Milchsäurebasis ist denkbar. Zu eiweisreiches Futter fördert die Bildung von bösartigen Kolibakterien im Darm und können daher einen Ausbruch der Jungtaubenkrankheit begünstigen. Auf der Ausstellung sollten möglichst die Zwischenwände zwischen den Käfigen abgetrennt werden um eine Übertragung von Tier zu Tier zu hemmen. Auch sollten durch die Ausstellungsleitungen sichtbar erkrankte Tiere früher aus den Käfigen genommen und in einen seperaten Raum untergebracht werden. Nach der Ausstellung sollten die Tauben nicht direkt zu den anderen Tauben in einen Schlag gelassen werden, sondern 7 Tage getrennt gehalten werden (Quarantäne). Hier sollte als Futter wiederum möglichst Diätfutter bzw. Haferflocken und Reis sowie Wasser mit Elektrolyten gegeben werden. Frau Dr. Kny gab an, dass gegen die Jungtaubenkrankheit auch eine vorbeugende Impfung erfolgen kann. Diese wird vornehmlich bei den Brieftaubenzüchtern angewendet, ihrer Meinung nach ist die Impfung bei den Rassetauben jedoch nicht sinnvoll, da hier meist die Jungtauben in mehreren Bruten und nicht zur gleichen Zeit aufgezogen werden.

Frau Dr. Kny gab zu Bedenken, dass es nach einem intensiven Jahr der Jungtaubenkrankheit  in der Regel 2-3 Jahre dauert, bis eine Immunisierung gegen den Erreger eintritt. Daher werden die Züchter, welche im letzten Jahr Probleme mit der Jungtaubenkrankheit in ihrem Bestand hatten vermutlich auch in diesem Jahr wieder mit einem neuerlichen Befall rechnen müssen. Werden die Anzeichen der Erkrankungen jedoch rechtzeitig erkannt, können sie bei entsprechender Behandlung ohne Verluste eingeschränkt und bekämpft werden. 

Erfahrungen mit der Jungtaubenkrankheit

Unser Vereinsmitglied Detlev Gierth aus Steinbach berichtet uns über seine Erfahrungen im Umgang mit der Jugntaubenkrankheit.

Seit 2010 hat auch mein Jungtaubenbestand (Echterdinger Farbentauben, Temeschburger Schecken, Rumänische Bärtschentümmler) mit unterschiedlichen Verlustgrößen darunter zu leiden. Seit 5 Jahren unterziehe ich die auszustellenden Jungtauben ca. 10 Tage vor der geplanten Ausstellung einer vorbeugenden Kur mit zunächst Jungtaubenpulver in das Futter, 4 Tage vor der Einlieferung mit Jungtaubenkapseln. Einziges Handikap: der schwarze Kot verunreinigt mögliche Fußbefiederung, was durch intensive Wäsche aber zu 90 % verschwindet. So durchgeführt im November 2018 für eine Ausstellung Ende 2018. Ergebnis: alle Jungtauben blieben gesund, auch nach der Ausstellung. 
Anders war es im Januar 2019. Ca. 14 Tage vor der VDT-Schau erkrankten die Jungtauben von 2018 unter den bekannten Symptomen der Jungtaubenkrankheit ganz akut, in wenigen Tagen starben 7 von 17 Tieren (die vorbeugende Kur im November 2018 hatten diese mitgemacht !). Wie konnte ich die restlichen 10 Tauben retten ?
Ich setzte ein in der Humanmedizin erfolgreiches Mittel namens Umckaloabo in Tripfenform ein. Es ist ein pflanzliches Mittel, hergestellt aus dem Extrakt einer südafrikanischen Perlagonie ! Es wirkt gegen Viruskrankheiten und ist kein homäopathisches Mittel. Über den Einsatz bzw. die Dosierung bei Tauben ist bisher nichts bekannt. Zunächst wurden die tauben einzeln in Käfige gesetzt und bekamen Diätfutter (Hirse, Weizen, Dari, keine Hülsenfrüchte). In die bekannten Saufnäpfe wurde knapp zur Hälfte Wasser gebracht und dazu 35 Tropfen Umckaloabo pro Napf reingetropft, das Gemisch gut umgerührt und mit einer Pipette (Aufdruck 0,5 ml in jeder Apotheke erhältlich) zwei gante Füllungen (also 2 ml) je früh und abends den Tauben in den Rachen eingebracht. Dabei die Pipettenspitze etwas in den rachen schieben, damit keine Flüssigkeit in die Luftröhre fließt. Da ich noch Jungtaubenkapseln übrig hatte, gab ich nach jeder Pipettenfütterung je abends und morgens eine Kapsel, die ich mit dem kleinen Finger in den Rachen schob. Man muss natürlich die Taube aus dem Käfig, am besten in die linke Hand nehmen. Ob die zusätzliche Jungtaubenkapsel  erforderlich ist, kann ich nicht sagen. Ich dachte mit, vielleicht schadet es nicht. Die Dosis 35 Tropfen bezieht sich auf "normale" Taubengröße, kräftige Formentaubenrassen sollten je nach Gewicht 40 Tropfen oder mehr bekommen. Die beschriebene Behandlung habe ich drei Tage durchgeführt. Meist fressen die Tauben am 2. Tag schon. Der Trinknapf mit der Lösung wurde im Käfig belassen und kann von den Tauben benutzt werden. Bei Verunreinigung muss die Lösung neu hergestellt werden. Das Arzneifläschchen ist dehr ergiebig ! Am 4. Tag abends habe ich die Tiere aus meiner "Krankenanstalt" wieder zurück in den Schlag gesetzt, da sie keine Krankheitssymptome mehr zeigten. 6 Tage nach Ende der Behandlung hatte ich einige Jungtauben zur VDT-Schau nach Kassel gebracht und eigentlich mit Komplikationen gerechnet, die aber erfreulicherweise nicht eintraten. Alle ehemaligen Jungtaubenkranke sind bis heute (6.Mai 2019) gesund und zeigen keine Auffälligkeiten bei der Brut !

Beurteilung:  
Wie allgemein bekannt sein sollte, ist die Jungtaubenkrankheit eine sogenannte Faktorenkrankheit, d.h. mehrere Faktoren sind für das klinische Bild der Krankheit verantwortlich. Die Circoviren sind zuerst da und lähmen die Funktion des Immunsystems. Dadurch kommt es im Darm zu einer starken Vermehrung von Colibakterien (ansonsten normale Darmbakterien), Schimmelpilzen, Hefen und Parasiten, die sich im ganzen Körper ausdehnen und den Tod der Taube verursachen. In diesem letzten Stadium helfen evt. nur noch Antibiotika. Der aufmerksame Züchter muss also die Erkrankung möglichst im Anfangsstadium erkennen, dann kann er mit dem gegen den Virusbefall wirksamen Mittel Umckaloabo-Tropfen den Krankheitsbefall stoppen. Ich verweise auch auf die diesbezüglichen Artikel über dieses Thema in der Geflügelzeitung 1/2018 und 14/2018.

                                                                                                                            D.Gierth (2019)
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